Powerplay in
Wolfenbüttel
An dieser Stelle
ein Gastbeitrag von Maik Schäfer. Maik hat sich vor ein paar Jahren
das Schach selbst beigebracht und trat dann 2017 meinem Verein Union Oldenburg
bei. Mit den beiden alten Schlachtrössern Müer und Modder hat
er schon das ein oder andere Turniererlebnis hinter sich. Er macht einiges
für das Spiel und hat auch die Corona-Zeit genutzt, um regelmäßig
Partien mit längerer Bedenkzeit im Netz zu spielen. Das alles zahlte
sich nun aus: Beim jetzt zu Ende gegangenen Lessing Open in Wolfenbüttel
gelang ihm ein richtig großer Wurf! Die Leistung allgemein und ein Sieg gegen 2295 im Besonderen. Hier berichtet er selbst über
seine Erlebnisse bei diesem Turnier. Die Kommentare zu den Diagrammen und
Partiefragmenten sind von mir.
Erstes NSV-Turnier
nach Corona mit entsprechenden Auflagen. Das heißt jeden Tag Einlasskontrolle
mit Nachweisen, aber dafür dann auch ein gut gefüllter Spielsaal
mit 150 Leuten. 60 davon im A-Open, in dem ich an Platz 51 startete. Nach
der langen Anreise nach Braunschweig konnte ich meine Unterkunft bei Freunden
auf der Couch beziehen, bevor es dann schnell zur Abendrunde ging. Wegen
der Auflagen starteten wir schließlich mit zwei Stunden Verspätung.
Die Bedenkzeit betrug 2 Stunden und ab Zug 40 gab es 30 Minuten extra,
jedoch komplett ohne Inkrement.
In Runde 1 ging es
mit Weiß gegen Justus Bargsten, gegen den ich schon einmal verloren
hatte und für einen sehr starken dynamischen Spieler halte. In der
Eröffnung wählte ich eine ruhigere Variante anstatt der scharfen
Hauptvariante und musste einen Angriff von Schwarz über mich ergehen
lassen. Als es kritisch wurde, entschied ich mich für einen Springerabtausch
unter Bauernopfer, um mein Gegenspiel einzuleiten. Nachdem mein Gegner
glücklicherweise die A-Linie für meine Türme öffnete,
konnte ich auf der siebten Reihe mit eigenen Mattdrohungen gegenhalten.
Als der Damenabtausch abgelehnt wurde, war mein Angriff dann zu stark für
die schwarze Stellung und ich konnte einen schnellen Sieg einfahren. In
der Analyse sprachen wir noch über die Schwierigkeit des Umschaltens
von Angriff in die Verteidigung und die Überschätzung der eigenen
Stellung. Ich war recht zufrieden mit der Partie und konnte kaum schlafen,
nachdem die Runde erst um 0 Uhr beendet war.
Schäfer
- Bargsten (2089) 1-0
Am nächsten Tag
musste man um 9 Uhr schon wieder am Brett sitzen. Da keine Paarungen am
Abend zuvor veröffentlicht wurden, konnte ich nichts vorbereiten.
Dieses Mal gab es ein starkes Los mit dem sympathischen David Riemay alias
„Schachpanda“, für den ich kurz vor Beginn der Runde noch eine seltene
Variante gegen sein geliebtes Morra-Gambit anschaute. Glücklicherweise
kam es dann auch genauso, und ich konnte durch die Theorie ordentlich Zeit
gutmachen. Mein Gegner spielte die Hauptvariante und stand deutlich aktiver,
als ich mich entschied eine Bauernschwächung für Remischancen
in Kauf zu nehmen. Wir erreichten früh eine Stellung, in der Weiß
Druck gegen meine schwachen Bauern machte, allerdings ging seine Zeit langsam
zur Neige.
Im 26. Zug verblieben
ihm 4 Minuten für die restlichen 14 Züge ohne Aufschlag, deshalb
bot ich Remis an, was jedoch abgelehnt wurde. Im Folgenden zog er all seine
Königsflügelbauern nach vorne, um mich unter Druck zu setzen.
Diese Schwächung erwies sich in Zeitnot allerdings als töricht.
Mit dem starken Zug 27. … Qb5 konnte ich meine Figuren gedeckt halten und
gleichzeitig einige taktische Motive gegen seine Figuren und Dame aufstellen.
Mit einer Minute warf er dann sogar noch einen Springer ins Feuer, um dann
direkt einen ganzen Turm einzustellen. Damit konnte ich die Partie noch
vor der Zeitkontrolle gewinnen und besiegte meinen bisher stärksten
Spieler. Mein Gegner nahm es sehr sportlich und wir haben noch eine ganze
Weile nett zusammen analysiert. Er sagte er hätte die Zeit am Ende
völlig unterschätzt und hätte früher schneller spielen
sollen. Insgesamt eine sehr saubere Partie von mir, wobei mir die Bauernschwäche
vielleicht mit mehr Zeit zum Verhängnis geworden wäre.
Riemay
(2295) - Schäfer 0-1
Mit 2/2 gelang mir
ein perfekter Start und damit die Möglichkeit, in der Nachmittagsrunde
gegen den späteren Turniersieger Cofmann mit Weiß anzutreten.
Es folgte eine Französischvariante, in der Schwarz eine Figur für
drei Bauern gab und mich etwas kalt erwischte. Ich war schon früh
raus aus dem Buch, konnte aber eine Blockadestellung erreichen und so die
Bauernwalze zunächst aufhalten. Nach einigem lavieren stand ich wohl
leicht besser, aber konnte mich nicht aus der statischen Stellung befreien.
Während ich versuchte, meinen Läufer umzugruppieren um meine
Dame zu aktivieren, übersah ich den entscheidenden Durchbruch von
Schwarz. Kurze Zeit später musste ich durch eine Kombination mit Turmgewinn
aufgeben. Die Partie zeigt mir jedoch, dass ich auch gegen einen FM eine
spielbare Stellung erreichen kann. Trotzdem muss ich dann noch bissiger
kämpfen, um meine Gegner zurückzudrängen und darf niemals
deren Möglichkeiten unterschätzen.
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Schäfer -
Cofmann
Weiß am Zug
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Maik stand hier
gut. Mit 30. Lc3 hätte er sogar etwas Vorteil gehabt. Schwarz hat
zwar drei Bauern für die Figur, aber die Bauern sind nicht mobil.
Er muss dann gucken, wie er aus der Sacher herauskommt. Maik deckte allerdings
mit 30. De3 den Bauern a3, aber dies ermöglichte Schwarz b4, und die
Bauern wurden doch noch stark.
Am letzten Turniertag
hatte ich wieder Weiß und trat gegen Stephan Hansch an. Gegen den
Vater Torsten hatte ich zuvor schon in Prag verloren. Im offenen Sizilianer
wählte ich eine Nebenvariante, um dann voll auf Angriff zu spielen.
Um meine Bauern nach vorne zu schieben, opferte ich auch noch einen Springer.
Am Ende fand ich dann jedoch leider nicht mehr die richtige Fortsetzung,
um die Stellung im Gleichgewicht zu halten. In der Analyse zeigten mir
die Brüder noch ein paar weitere Ideen, die Weiß leicht in Vorteil
gebracht hätten. In dieser Partie hatte ich einfach übertrieben
und wollte in der letzten Runde noch einmal richtig angreifen.
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Schäfer -
Hansch
Weiß am Zug
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Maik sollte hier
27. fxe5 Lxe5 28. Df5 spielen. Dies verhindert f5 von Schwarz und droht
auch gxf7+, denn die Dame guckt sich hier auch den Tc8 an. Schwarz kann
dann Remis halten, muss dies aber noch etwas zeigen. Nach 27. f5 war allerdings
die Stellung zu sehr geschlossen, und der schwarze Königsangriff mit
irgendwann Db4 etc. wurde zu stark.
In Runde 5 spielte
ich mit Schwarz gegen Peter Müller, einen 2050er aus Berlin. Er wählte
die schärfste Variante im Najdorf, strebte dann jedoch einen Damentausch
an. Ich konnte mich aus der Defensive befreien und hatte obendrauf noch
einen Bauern mehr. Mein Gegner wich konsequent allen Zugwiederholungen
aus, um weiter auf Gewinn zu spielen. Als er einen Randbauern attackierte,
konnte ich meinen Turm ins Spiel bringen. In der Folge zog er seinen König
bis nach h1 zurück, wonach ich einen entscheidenden Vorteil übersah.
Das dann entstandene Endspiel mit ungleichfarbigen Läufer und zwei
Mehrbauern war sehr remislastig, aber schwer zu halten für Weiß.
Die Zeitnot meines Gegners spielte mir in die Karten, und ich konnte nach
über 60 Zügen endlich durchbrechen und die letzte Partie noch
gewinnen.
Müller
(2008) - Schäfer 0-1
Insgesamt ein super
Turnier für mich mit einer Performance von über 2200 und ordentlichem
Ratingzuwachs, der mich auf 1900 DWZ hievte. Als Startrang 51/58 erreichte
ich den 14. Platz und war der „beste Spieler <2000“. Es gewann Cofmann
mit 4,5 Punkten vor Browning und Schulze. Der Zeitmodus war für mich
eher ein Vorteil, schließlich hatte ich im letzten Coronajahr viele
Partien gespielt und war topfit. Dennoch sind 4 Minuten am Brett schnell
verbraucht und kaum mit Online-Minuten zu vergleichen. An dieser Stelle
möchte ich mich noch bei Enno und Anna für die Unterbringung
und die super Versorgung während der Turnierzeit bedanken, die sicherlich
auch zu diesem Ergebnis beigetragen hat.
Soweit Maik. Ja,
das war schon recht stark. So eine Performance ist schon außergewöhnlich,
vor allem der Sieg gegen David Riemay, der ja fast 2300 Punkte aufwies.
Vor allem auch die Art und Weise fand ich gut: Immer aktiv, mutige Entscheidungen
getroffen und dann durchgezogen. Er hat sich ja stetig entwickelt, aber
das war ein ziemlicher Sprung nach vorne. Alle Achtung, wenn man so spät
mit dem Spiel anfängt und sich alles selbst beipult. Bestimmt können
wir in Zukunft noch die ein oder andere Glanztat von ihm erwarten!
Hier noch wie immer
der Link zur offiziellen Seite: Link
Niedersachsen, im
September 2021
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Lessing bei der
Analyse
der zeitgenössischen
Theorie
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